Der Sommer ist da, und mit ihm die heikle Disziplin des intellektuellen Sonnenbadens: das Lesen eines Buches am Strand. Doch Vorsicht! Zwischen Sandkorn und Satzzeichen lauern tückische Fallstricke. Wir haben daher für sie die schlimmsten Fehler zusammengestellt – damit ihr literarischer Sommer wischen Bikini, Buchtitel und Bräunungsöl nicht zur Tragödie wird und sie nicht den Überblick verlieren.

Sie lesen ein Buch ohne pastellfarbenes Cover

Wie peinlich. Während ihre Nachbarin mit einem Instagram-tauglichen „Beach Read“ im Farbton „Pfirsich-Sonnenuntergang“ glänzt, sitzen sie mit einem zerlesenen Taschenbuch in Grau-Grün wie ein Relikt aus der Ära vor BookTok. Tipp: Wenn das Cover nicht mindestens nach Aperol Spritz aussieht, lassen sie’s besser zu Hause.


Sie verwenden kein Lesezeichen – sondern eine zerknitterte Quittung

Der Gipfel der literarischen Barbarei. Ein zerfledderter Billa-Bon zwischen Seite 137 und 138? Das ist nicht nur ein ästhetisches Verbrechen, es könnte auch Rückschlüsse auf ihren wahren Bildungshorizont zulassen. Investieren sie in ein vergoldetes Magnetlesezeichen – oder wenigstens einen getrockneten Lavendelzweig. Für die Aura.


Sie lassen sich beim Lesen die Schultern ungleichmäßig bräunen

Wir verstehen: Man will tief in den neuen Roman von Sally Rooney eintauchen. Aber wer sich fünf Stunden lang in derselben Position vom Plot fesseln lässt, bekommt abends kein literarisches Lob – sondern einen Sonnenbrand in Form eines gescheiterten Halbkreisexperiments. Lesen sie verantwortungsvoll: drehen sie alle drei Kapitel die Seite. Im doppelten Sinne.


Sie lesen ohne Kaffee

Nichts geht über ein gutes Buch – es sei denn, sie haben es ohne Koffein versucht. Ihr Gehirn wird sich wehren, als wäre es das erste Mal, dass sie versuchen, das Alphabet zu entziffern. Kaffee ist kein Luxus, sondern eine grundlegende Lesevoraussetzung!


Sie bringen Krieg und Frieden mit an den Strand

Ein klares Signal an alle: „Ich bin belesen – aber unfassbar realitätsfern.“ Tolstois Werk wiegt mehr als ihre Kühltasche, und spätestens nach Seite 26 merken sie, dass aristokratische Familienkonstellationen und 35 Grad im Schatten keine gute Kombi sind. Pro-Tipp: Nehmen sie stattdessen ein Buch, das nach klassischer Literatur aussieht – aber eigentlich romantische Fanfiction enthält.


Sie kommentieren laut das Buch – und glauben, das sei charmant

„Oh wow, wie raffiniert diese Metapher!“ Wenn sie das am Strand rufen, riskieren sie nicht nur den flüchtigen Blick der Möwen, sondern auch gezielte Sandwürfe von den Liegen links und rechts. Innere Begeisterung ist schön – aber niemand ist hier für Ihre Audible-Live-Performance angereist.


Sie machen Fotos vom Buch und vergessen, den Titel zu verstecken

Ups. Jetzt weiß ganz Instagram, dass sie nicht Der Steppenwolf lesen, sondern Der CEO und ich – Verführt zwischen Konferenzraum und Kaffeeautomat. Muss nicht peinlich sein. Ist es aber.


Lesen auf dem Handy – und der Tod der Konzentration

Das eine Kapitel, das sie gerade so schön zu Ende gelesen haben, und plötzlich poppt eine Nachricht von ihrer Mutter auf: „Die Fernbedienung geht nicht. Kannst du mich kurz anrufen?“ Und schon sind sie verloren. Das Buch? Vergessen. Die Erholung? Um Lichtjahre zurückgeworfen.


Den Autor zu sehr idealisieren

Ja, der Autor hat einen Pulitzer-Preis gewonnen. Aber sie sind dewegen nicht verpflichtet, jedes Wort als absolute Wahrheit zu akzeptieren. Auch ein Nobelpreisträger hat schon einmal das Wort „Fahrstuhl“ falsch geschrieben, also lassen sie sich nicht die Luft aus den Reifen lassen, nur weil ein literarisches Genie ein Buch geschrieben hat, das sie nicht verstehen.


Sie schlagen chwierige Wörter nach

„Was bedeutet dieses Wort?“ – Die Frage darf niemals gestellt werden. Denn wahre Leseratten verstehen alles durch den Kontext. Ein Satz wie „Der Regenbogen glitzerte auf der elektrophotographischen Scheibe“ ist ein echtes Geschenk an die Fantasie! Wer nachschlägt, hat die wahre Kunst des Lesens nicht erkannt. Und die Kontrolle über sein Leben verloren.


Sie lesen ohne Textmarker

Wozu hat man Textmarker, wenn nicht, um jedes einzelne Wort im Buch zu kennzeichnen? Wer ein Buch liest und nicht jeden Absatz orange, gelb und/ oder rosa markiert, hat entweder zu wenig Respekt vor der literarischen Kunst oder ist ein wiederholter Versager im eigenen Lernprozess.


Sie lesen tatsächlich

Der größte Fehler von allen. Denn mal ehrlich: Am Strand geht es nicht ums Lesen. Es geht um das Lesen wollen. Bücher sind Accessoires. Statussymbole mit Seiten. Die bloße Anwesenheit von 300 Seiten zwischen Handtuch und Sonnenöl genügt – lesen können sie ja auch später. Oder den Film schauen.


Eine Frau mit Sonnenhut liegt an einem Sandstrand und liest ein Buch.
(c) AdobeStock
Wenn sie schon glauben, am Strand lesen zu müssen, sollten sie jedenfalls unsere oben angeführten häufigen Fehler vermeiden.

Buchempfehlungen für den Strandurlaub

Finden sie hier unsere exklusiven Buchempfehlungen für literarisch hochstapelnde Sonnenanbeter\:innen –  ideal für alle, die zwischen Sonnenöl und Snobismus den perfekten Leseeindruck hinterlassen und belesen wirken, aber dabei keinen einzigen Schweißausbruch riskieren wollen.


„Nietzsche für Yogalehrer – Denken zwischen Dattel-Smoothie und Downward Dog“

Autor: Lana von Lichtfeldt
Philosophie für Fortgeschrittene, verpackt in Esoterik-Vibes. Perfekt für alle, die beim Lesen gerne mit einem Kristall auf dem Solarplexus liegen und trotzdem kluge Sätze sagen wie: „Ich lese gerade was zur Überwindung des Selbst – aber auch zur Dehnung der Hüfte.“


„Der Gin-Tonic-Komplex – Warum moderne Männer lieber Cocktails trinken als Gefühle haben“

Autor: Dr. Julian Frischknecht, Soziologe & Barkeeper
Ein feministischer Bestseller, der auf jedem Handtuch Eindruck macht. Wichtig: immer sichtbar mit Post-its markiert, auch wenn sie nur das Vorwort gelesen haben.


„Kafka auf Capri – Surreale Kurzgeschichten mit Aperol-Nachgeschmack“

Autorin: Chiara N. Gruber, Trägerin des abgelehnten Küstenliteraturstipendiums 2023
Nichts passiert, aber alles ist bedeutungsschwanger. Ideal für Leute, die sagen: „Es geht nicht um Handlung, es geht um Atmosphäre.“


„Tinder & Transzendenz – Swipen im Angesicht des Unendlichen“

Autor: Max M. Metzger
Ein interdisziplinärer Essayband über Liebe in Zeiten der digitalen Beliebigkeit. Passt zu jedem Bikini, der wie ein Uni-Seminar aussieht.


„Die Möwe, die Satre las – und andere Tierfabeln für urbane Akademiker\:innen“

Autor: N.N. (laut Rückseite „eine Kollektivleistung des postironischen Widerstands“)
Wirklich niemand hat dieses Buch verstanden – aber das ist auch nicht nötig. Hauptsache, sie zitieren beiläufig: „Schon die Möwe wusste: Der Wille zur Macht beginnt beim Sonnenliegenplatz.“


„Minimalismus am Mittelmeer – Wie ich mit nur 34 Dingen 18 Wochen durch Italien fuhr“

Autorin: Clara Schein
Ironisch, autobiografisch und mit genau der richtigen Portion Lifestyle-Snobismus. Achtung: Lesen nur in Kombination mit einer Strohtasche und nachhaltigem Sonnenöl.


Fazit

Wenn sie diese Bücher mit ans Meer nehmen, werden ihnen Menschen entweder ehrfürchtig zunicken – oder ganz still die Stranddecke wechseln. Beides ist ein Erfolg. Denn das wahre Ziel am Strand ist nicht Erholung. Es ist Eindruck.

Und: Lesen am Strand ist eine Kunstform. Wer sie beherrscht, wird nicht nur gebildet, sondern auch beneidet. Vermeiden sie also jegliche Fehler und denken sie daran: Der wahre Sommerroman spielt sich zwischen Klappentext und Cocktailglas ab.

(Bilder: AdobeStock)

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