In einem historischen Schritt der diplomatischen Unentschlossenheit hat sich Österreich entschlossen, den ESC2026, sprich den Eurovision Song Contest 2026, nicht wie üblich in einer einzelnen Host-City auszutragen. Stattdessen wird im Vorfeld bereits der Föderalismus zur Kunstform erhoben und die 37 Teilnehmerländer quer durchs ganze Land verteilt werden – von Wien bis Wörgl, von Linz bis Langenlebarn, von Unterstinkenbrunn bis Oberpullendorf!

„Es war ein Kompromiss“, erklärt Kulturminister Andreas Andi Babler. „Wien wollte den ESC, Graz wollte den ESC, Salzburg, Innsbruck, Velden am Wörthersee – sogar das Burgenland hat sich gemeldet. Wir haben daher einfach gesagt: Macht’s halt alle mit und teilt´s euch das auf.“ Heißt übersetzt: Jeder Teilnehmerstaat bekommt seine eigene Stadt. Und zwar egal, ob das infrastrukturell, logistisch oder überhaupt irgendwie sinnvoll ist.

Statt einer pompösen Halle in Wien wird nun eben ganz Österreich zur Bühne. Moldawien singt in Mürzzuschlag. Aserbaidschan performt aus einem Kreisverkehr in Vöcklabruck. Die Niederlande senden live aus einem Holländischen Holzschuhmuseum in Oberpullendorf. Für Großbritannien hat man das stillgelegte AKW Zwentendorf reaktiviert – mit Lichtshow powered by Reststrahlung. Und da jede Stadt selbst für Technik, Bühnenshow, Moderation, Deko und Pyrotechnik verantwortlich ist, wird es daher in Lienz „einfach eine PowerPoint mit Musik“ geben.

Die Entscheidung dazu fiel übrigens in einer kurzweiligen siebenstündigen Zoom-Konferenz, bei der jedes Bundesland die Worte „Leuchtturmprojekt“ und „Umwegrentabilität“ mindestens dreiundachzig Mal verwendete.

Logistische Meisterleistung oder organisatorischer Totalschaden?

Die Eröffnungszeremonie findet – so der Stand heute – in Salzburg statt, das große Finale aller Voraussicht nach in einem Zeltlager der Österreichischen Pfadfinderinnen und Pfadfinder in der Nähe von Zwettl – hier muss noch geklärt werden, ob im Fall des Falles die nötigen 8.377 Heizschwammerl gekauft oder nur geleast werden sollen, da i.d.R. zur Zeit des Finales in Zwettl Temperaturen im zweistelligen Minusbereich vorherrschen.

Die einzelnen Beiträge werden jedenfalls live aus 37 verschiedenen Städten zugeschaltet – jeweils mit eigener Regie, eigenem Moderator, und in manchen Fällen auch eigener Zeitzone („In Vorarlberg geht’s halt ein bissl anders“).

ORF-Generaldirektor Roland Weißmann: „Das Ganze ist sicher eine Herausforderung, Stichwort 37 Technikteams, Moderatoren, etc. – aber auch eine Chance. Wir bringen die Regionen auf die Bühne – und zwar alle gleichzeitig. Außerdem wird es das erste Eurovision-Finale, das 96 Stunden dauert und live simultan auf ORF 1, ORF 2, ORF Sport+, FM4, Radio Burgenland und via Livestream auf einer Litfaßsäule in einer Fußgängerzone in Amstetten übertragen wird.“

Ein Litfaßsäule, Stichwort ESC2026.
(c) Sven Kleinschmidt from Pixabay
Die finale Entscheidung wird noch getroffen, aber höchstwahrscheinlich wird der #ESC2026 auf dieser Litfaßsäule in Amstetten live gestreamt werden.

Publikum verwirrt, aber begeistert

Die Abstimmung wird im nächsten Jahr zum ersten mal über Brieftauben erfolgen, die von Stadt zu Stadt fliegen, um die Stimmen einzusammeln und schließlich am Finalort zu überbringen. Die Zuschauerinnen und Zuschauer müssen zu diesem Zweck ein adaptiertes Ortstaxenformular ausfüllen und bei der örtlichen Gemeinde abgeben – spätestens 24 Stunden vor dem Act. „Es ist wichtig, dass wir wieder zu den Wurzeln des ESC zurückkehren: totale Verwirrung bei maximaler Euphorie“, sagt ESC-Experte Wolfgang B. (der sich selbst bereits für Andorra angemeldet hat).

„Was die Schweiz kann, können wir auch – nur chaotischer!“, heißt es in der offiziellen Pressemitteilung, die gleichzeitig in sieben Dialekten, neun Schriftsystemen und einmal in weststeirischen Reimen veröffentlicht wurde.

Tourismus freut sich – außer Innsbruck

Während Hotels von Bregenz bis Eisenstadt bereits jetzt schon restlos ausgebucht sind, hat Innsbruck aus Protest abgesagt: „Wenn wir nicht das große Finale kriegen, machen wir gar nichts. Wir haben Prinzipien. Und unsere Skisprungschanze.“

(Bilder: K2, Sven Kleinschmidt from Pixabay)

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